Ureinwohner
Für die spanischen Eroberer des 16. Jahrhunderts war es ein Leichtes gewesen, sich gegenüber der einheimischen
Bevölkerung durchzusetzen, nur selten konnten sich die Indios unter Anführung besonders tapferer Kaziken für eine
längere Zeit erfolgreich wehren. In wenigen Jahrzehnten war das Land von der Küste aus erobert.
Heute gibt es nach verschiedenen Schätzungen noch etwa 80 000 bis 100 000 rein erhaltene Indianer in Venezuela, von
denen fast 2/3 in nicht oder nur schwer zugänglichen Gebieten im Süden Venezuelas leben. Diese Eingeborenen leben
meistens noch in ihrer ursprünglichen Lebensweisen. Bis vor kurzem war der Staat bemüht diese Ureinwohner zu
zivilisieren. Immer mehr versucht man aber diese verschiedenen Kulturen zu bewahren und dessen Lebensgrundlage,
meistens der Regenwald, zu schützen. Praktisch alle Indianerstämme, die Tradition und Lebensgewohnheiten erhalten
haben, leben in Randgebieten im Süden des Landes. Es gibt sehr viele Gruppen, von denen nur die grössten und
bekanntesten genannt werden: Cariña, Guajibo, Guajiro, Guarao (Warao), Maquiritare, Panare, Pemón, Piaroa, Yanomami
(Guaica, Waika), Yaruro, Yucpa, Bari. Die meisten dieser Namen werden auf mehrere Arten geschrieben und gesprochen.
Panare
Die Panare sind Indianer die in der nähe des Orinocos leben. Unter den vielleicht 3000 Panare gibt es Gruppen, die
sich von Fischfang, Jagd und ein wenig Anbau ernähren, die regelmässig ihre Wohnplätze wechseln und getrennt von der
umgebenden creolischen Bevölkerung sind. Einige von ihnen sind schon sesshaft oder sogar in das Leben der nahe
gelegenen Stadt eingegliedert.
An der Grenze des Panare - Gebiets findet man gelegentlich als schlimme Anpassung
entwurzelte Indios, die herumlungern und sich scheuen zu betteln. Die Panare kannten früher kein Geld und keine
Schrift. Mit dem Flechten ihrer sehr dekorativen Körbe kommen die Panare heute zu Bargeld. Die Körbe werden in
ganz Venezuela als Souvenirs verkauft.
Die Sprache der Panare ist sehr wenig erforscht, sie soll auch recht
kompliziert sein. Am Westrand des Panare - Gebiets (siehe Karte oben) wurden reiche Bauxitvorkommen entdeckt,
deren Abbau schnell in die Wege geleitet wurde. Strassen und Flugpisten dringen in das Gebiet vor, die Indios
werden schnell durch die Zivilisation erfasst werden.
Yanomami
Die Yanomami bewohnen ein ausgedehntes Gebiet von etwa 177 000 qkm, das sich über den Süden Venezuelas und den
Nordosten Brasiliens erstreckt und nahezu vollständig von tropischem Dschungel bewachsen ist. Die Gesamtbevölkerung
der Yanomami dürfte heute etwa 15 000 Menschen betragen. Leider geht diese Zahl, anders als vor 1950, Jahr um Jahr
zurück.
Im venezolanischen Teil ihres Gebietes ist nur ein geringer Rückgang zu verzeichnen, doch in Brasilien haben
der Bau einer Strasse und der Beginn bergbaulicher Aktivitäten dramatische Verminderungen ausgelöst. Venezuela hat
zum Schutz des Regenwaldes und der Indianer ein riesiges Regenwaldgebiet unter Schutz gestellt, was Brasilien leider
noch nicht gemacht hat. Die Siedlungseinheit ist das "Shapono", ein mehr oder weniger rundes Dach, um einen freien
Platz herum gebaut, das mehrere Familien beherbergt. Die Bewohnerzahl eines Shapono variiert von 20 bis über 200
Personen. Die Bevölkerungsdichte beträgt 29 Personen/ 100 qkm. Das mag für uns wenig erscheinen, entspricht aber der
Jagdkapazität und es ist festzustellen, dass der Dschungel bis in seine hintersten Winkel bewohnt ist.
Die Yanomami sind Bauern, Jäger, Fischer und Sammler. Die jeweilige Bedeutung der verschiedenen arten von
Nahrungsmittelbeschaffung hängt von der Gegend, der Jahreszeit (Trockenzeit, Regenzeit) und anderen Faktoren ab.
Im Bereich der Technologie und materiellen Kultur pflegen wir Armut, Not und Unglück der primitiven Völker am
ehesten zu sehen. Niemand schämt sich weil er Nackt ist, jedermann sieht zum Nachbar in die Hängematte, nichts wird
besonders geschützt und dennoch kommen Diebstähle vor wie überall. Für Jagd und Krieg Pfeil und Bogen, Köcher,
Pfeilspitzen zum Auswechseln.
Zum Ackerbau genügten früher Steinbeil und Feuer, heute erleichtern Stahlbeile und
Macheten die Arbeit. Zum Sammeln, Aufheben, Transport und Zubereitung der Nahrung Körbe und Tabletts.
Für Flüssigkeiten Kaleblassen und Kürbisschalen. Zur Herstellung von Pfeilen, Schmuck und Hängematten gibt es
Stricke, Fäden und Schnüre. Ohne die Liste vollständig zu wollen: sie benützen auch Harze im Haushalt, Pech für
Verknotungen, verschiedene Fasern, Bambusröhre für Federn oder Halluzinoge zum Schnupfen. Nie fehlen darf die
Tabakrolle im Mund, die ihr "Kaugummi ist. Zu diesen traditionellen Objekten kommen hinzu: Angelschnur und Haken,
Messer und die bereits erwähnten Beile und Macheten, Eisenkessel, Laternen, ein paar Kleidungsstücke, Nadeln, Kämme
und Spiegel: alles Artikel, die erst in jüngster Zeit von Missionaren, Staatsbeamten, Expeditionsmitgliedern und
Reisenden eingeführt wurden.
Alle Yanomami -eigenen Dinge können von einem Paar hergestellt werden. Es gibt keine auf die Herstellung diese oder
jenes Gebrauchsguts spezialisierte Handwerker. Erbschaft ist ausgeschlossen, jeder Gegenstand eines Toten wird mit
der Leiche verbrannt. Je mehr einer besitzt, um so stärker üben seine Verwandten und Freunde Druck auf ihn aus,
damit er alles verschenkt und nur das Notwendigste behält. Die Yanomami kennen daher die Begriffe arm und reich
nicht.
Für einen Yanomami gilt es als Beleidigung wenn er mit seinem Namen öffentlich gerufen wird. Deshalb verwendet
man nicht seinen Namen, sondern das Verwandtschaftsverhältniss. Man sagt z. B. "ich habe meinem Schwager ein Pfeil
geschenkt".
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